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Streit um Fußball-Fans aus IsraelDanke, aber nein danke!

Fans von Maccabi Tel Aviv dürfen nun doch zum Europa-League-Spiel bei Aston Villa reisen. Der Klub aus Israel verkauft dennoch keine Gästetickets.

Fans von Maccabi Tel Aviv bei einem Europapokalspiel im Sommer auf Zypern Foto: aal.photo/imago

taz | Am vergangenen Donnerstag hatte sich der britische Premierminister persönlich zu Wort gemeldet. „Das ist falsch!“, sagte Keir Starmer zur Entscheidung der Sicherheitsbehörden in der mittelenglischen Großstadt Birmingham, zum Europa-League-Spiel von Aston Villa gegen den israelischen Klub Maccabi Tel Aviv keine Gästefans zu erlauben. Die Entscheidung, die der Premier so nicht stehen lassen wollte, war mit dem Schutz der öffentlichen Sicherheit begründet worden.

Starmer wollte das nicht akzeptieren. „Wir dulden keinen Antisemitismus auf unseren Straßen“, sagte er. „Es ist Aufgabe der Polizei, sicherzustellen, dass alle Fußballfans das Spiel ohne Angst vor Gewalt und Einschüchterung genießen können.“ Lisa Nandy, Ministerin für Sport und Kultur, sicherte zu, alle nötigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit den Fans des israelischen Klubs Sicherheit gewährt wird. Der Bann der Gästefans war vom Tisch.

Birminghams West Midlands Police hatte die Partie als Hochrisikospiel eingestuft. Ein Grund für diese Risikobewertung waren die Vorfälle am Rande des Europa-League-Spiels von Maccabi Tel Aviv bei Ajax Amsterdam vor etwa einem Jahr. Damals waren Maccabi-Fans pogromartig von einem feindlichen Mob durch die Straßen gejagt, niedergeschlagen und schwer verletzt worden. Die Fans aus Israel, deren Ultras auch gerne mal über die Stränge schlagen, waren Opfer einer Meute geworden, die mit propalästinensischen Parolen Jagd auf die Israelis gemacht hat.

Doch das allein hat wohl nicht zum Ausschluss der Gästefans für das Spiel bei Aston Villa geführt. Die Daily Mail on Sunday entdeckte, dass Einschätzungen der Hind Rajab Foundation in das Gutachten der Sicherheitsbehörden eingeflossen seien. Dabei handelt es sich um eine Organisation, die von Dyab Abou Jahjah, einem ehemaligen Hisbollahkämpfer aus dem Libanon, geführt wird, der in Belgien Asyl beantragt hat.

Terrorist als Sicherheitsexperte

In einem Bericht der Foundation mit dem Titel „Game over Israel“ wird behauptet, dass der israelische Fußball zur „systematische Instrumentalisierung von Fußballkultur für den Völkermord“ eingesetzt wird. Im Juli hatte Jahjah ein Foto von sich gepostet, auf dem er mit einer Kalaschnikow zu sehen ist. Darunter war zu lesen, dass er es als Auszeichnung empfinde, als Terrorist bezeichnet zu werden. Zuvor hatte er den Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober gefeiert und an Gedenkfeiern für gefallene Hamaskämpfer teilgenommen. 2009 wurde ihm die Einreise nach Großbritannien aufgrund seiner Ansichten verwehrt.

Während dem Bericht seiner Foundation in Birmingham Aufmerksamkeit geschenkt wurde, haben die Einlassungen des britischen Antisemitismusbeauftragten Lord John Mann darüber, was im November 2024 in Amsterdam stattgefunden hat, keine Beachtung gefunden. Mann zitierte darin die Amsterdamer Bürgermeisterin Femke Halsema, die von einer giftigen Mischung aus Antisemitismus, Hooliganismus und Verdruss am Gazakrieg gesprochen hatte, die zu den Jagdszenen geführt hätten.

Ayoub Khan, der Unterhausabgeordnete des Bezirks Perry Barr in Birmingham, in dem der Fußballklub Aston Villa beheimatet ist, hatte den zunächst verhängten Zuschauerbann verteidigt. Khan war als Stimme für Gaza angetreten und hatte bei den Nationalwahlen 2024 eine 50-jährige Vorherrschaft Labours in Perry Barr beendet. Knapp die Hälfte der Wähler sind dort muslimischen Glaubens, viele davon aus pakistanstämmigen Familien.

Auch wenn die Regierung nun einen Gastbann verhindert hat, wird Khan im November wohl keine Fans aus Israel in Birmingham sehen. Am Montag lehnte Maccabi Tel Aviv die Einladung der britischen Regierung dankend ab. Auch wenn es das Einreiseverbot nun gefallen nun sei, werde man keine Gästekarten an die eigenen Fans verkaufen. Der Klub sieht die Sicherheit der Fans nicht gewährleistet. Für Lord Mann stellt die Abwesenheit der Gästefans einen Sieg der Extremisten in Großbritannien dar.

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